Hümmler über biologisches Geschlecht (22.11.2023)

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Quelle

Im November 2023 interviewte Sebastian Bartoschek den GWUP-Vorsitzenden Holm Hümmler u.a. zum biologischen Geschlechtsbegriff. Auf X (Twitter) hatte sich Hümmler im Oktober bereits zum Thema des biologischen Geschlechts in ähnlichem Tenor kurz geäußert.

Quelle: Youtube-Video ab ca. 46:30 vom 30.10.2023.

Too long ; didn't read

Da sich Holm Hümmler 2024 wieder zur Wahl stellt, ist es relevant, welche Haltung er gegenüber einer Naturwissenschaft wie der Biologie einnimmt. Das Interview lässt nur den Schluss zu, dass Holm Hümmler die Evolutionsbiologie nicht mehr im vollem Umfang unterstützt, wie das bislang in der GWUP immer üblich war. Als Ursache dafür kommt entweder eine opportunistische Rücksichtnahme auf einen ideologischen Gender-Aktivismus oder eine neue persönliche Überzeugung in Frage.

Zusammenfassung

Folgendes lässt sich den Einlassungen Hümmlers entnehmen:

  • Durcheinanderwerfen der unterschiedlichen Kategorien "sex" (fortpflanzungsbiologisch) und "gender" (sozial).
  • Hält Zwitter scheinbar für ein zusätzliches Geschlecht, es handelt sich dabei aber nur um beide Geschlechter.
  • Führt unpassenderweise die ungeschlechtliche Fortpflanzung einfacherer Organismen an, um den Geschlechtsbegriff bei der Fortpflanzung komplexer diploider Organismen zu erschüttern.
  • Erweckt den Eindruck als ob Intersex ein weiteres Geschlecht sei.
  • Behauptet fälschlicherweise, dass die Tatsache der geschlechtlichen Fortpflanzung trivial sei.
  • Die Fortpflanzungsbiologie würde angeblich die Rechte von Transpersonen beschneiden. Das ist aber falsch, erstere ermöglicht nämlich überhaupt erst die schlichte Existenz aller Menschen und damit auch diejenige von Transpersonen. Außerdem impliziert die Fortpflanzungsbiologie nichts über den sozialen Umgang mit Menschen.
  • Hümmler differenziert nicht konsequent zwischen dem Bestehen einer Tatsache und ihrer Instrumentalisierung im politischen Diskurs.
  • Hümmler "vergisst" zu erwähnen, dass der Gender-Aktivismus behauptet, dass Menschen vor Tatsachen zu schützen seien. Tatsachen lassen sich aber nicht wegzaubern.
  • Es gehe angeblich meist um Gender, d.h. vom Körper (außer vielleicht dem Gehirn) könne abgesehen werden. Letzeres funktioniert aber nicht.
  • Außerdem sei die Zahl der Geschlechter in komplexen Organismen kein relevantes Thema in der Biologie. Fortpflanzung ist jedoch ein zentrales Thema der Biologie.

Holm Hümmler fiel in der Vergangenheit durch recherchestarke und logisch stringent präsentierte Vorträge auf. Er verfasste das exzellente Buch "Relativer Quantenquark: Kann die moderne Physik die Esoterik belegen?". Wie lässt sich sein Versagen bei der Biologie erklären? Warum kommt er gegen Ende gar völlig ins argumentative Straucheln?

  • Mangelnde intellektuelle Kompetenz zu unterstellen, wäre nicht wohlwollend und erscheint zudem höchst unplausibel.
  • War Holm Hümmler überrascht von der Frage? Das ist auch sehr unplausibel, denn er hatte sich bereits zum Thema auf Twitter geäußert und musste daher mit der Frage rechnen.
  • Es bleibt der Einfluss des links-identitären Aktivismus, der den Begriff des biologischen Geschlechts ideologisch umformen möchte, ohne dass es in der Biologie dafür Evidenz gäbe. Grundlage hierfür ist der moralistische Fehlschluss, bei dem vom Sollen aufs Sein geschlossen wird. Umgekehrt vollführt die Biologie jedoch nicht den naturalistischen Fehlschluss, bei dem Sein angeblich ein Sollen impliziert.

Holm Hümmler unterstützt damit indirekt den Eingriff der links-identitären Ideologie in die wissenschaftliche Biologie und führt die GWUP somit in einen Partial-Skeptizismus mit blinden Zonen hinein.

Rekonstruktion und Kommentar

Geschlechter in der Fortpflanzungsbiologie

Holm Hümmler wurde gefragt, wie er es mit der Naturwissenschaft der Biologie halte, bei der es nur zwei Geschlechter ("sex") gebe.

  • Hümmler eröffnet seine Antwort mit der Frage nach der Bedeutung und der Intention der Aussage, es gebe nur 2 Geschlechter. [Fettung von mir.]
  • Obwohl zur Biologie ("sex") angesprochen, weicht Hümmler sofort auf den Begriff des "soziale[n] Geschlechts" (gender) aus. Die obige Frage sei dann "nicht mehr so einfach" zu beantworten.
Sex und Gender sind aber verschiedene begriffliche Kategorien.[1][2][3] Begriffe wie "Catgender"[4] zeigen deutlich, wie wenig Gender mit der Fortpflanzungsbiologie zu tun haben kann.[5]
  • In Bezug auf das biologische Geschlecht, stellt Hümmler anschließend fest, dass es auch geschlechtslose und Zwitter-Fortpflanzung gebe.
Um zu zeigen, dass es mehr als zwei biologische Geschlechter gibt, sind diese Beispiele jedoch untauglich. Bei der geschlechtslosen Fortpflanzung, etwa durch einfache Zellteilung, Knospung oder Sporen, gibt es gerade kein Geschlecht[6] und bei der Zwitter-Fortpflanzung haben die Organismen beide Geschlechter. Daraus lässt sich demnach kein drittes Geschlecht ableiten. Im Übrigen sind bei den Mammalia (Säugetieren) keine funktionalen Zwitter bekannt.

Intersex

  • Schließlich erwähnt er im Zusammenhang mit der Frage nach der Anzahl biologischer Geschlechter die Intersexualität.[7] Mit dem Verweis auf Intersexualität ist es jedoch auch "nicht ... so einfach", die Zahl der biologischen Geschlechter hochzutreiben. Auf der Seite der "Intersex Human Rights Australia" lesen wir: "Even though some intersex people define their identity as intersex, this is a political statement, and not necessarily anything about their gender or preference for sex classification. Identity is not what defines intersex: intersex is contingent on innate physical bodily characteristics." Und: "rather than define a catch-all 'other' category, we would prefer to minimize our participation in gender constructs; we do not wish for the creation of an equally confining third box."[8] Außerdem definieren Variationen von Geschlechtsmerkmalen nicht die Kategorie des biologische Geschlechts.[9]

Keimzellen

  • Dann stellt Hümmler fest, es sei trivial, dass es beim Menschen nur zwei Arten von Fortpflanzungszellen gebe. Die Frage, warum und wie sich im Laufe der Evolution wiederholt diese Anisogamie herausgebildet hat, ist jedoch nach wie vor Gegenstand der Forschung und eben nicht trivial.
  • Anschließend scheint Hümmler zu monieren, dass aus der anisogametischen Fortpflanzung eben genau zwei biologische Geschlechter resultieren. Seine Einlassung, dass die "Gegenseite" nun auf nur zwei biologischen Geschlechtern bestehe, lässt sich kaum sinnvoll als Zustimmung interpretieren. Für die Fortpflanzungsbiologie diploider höherer Vielzeller folgt aber aus der binären Anisogame nun mal, dass es genau zwei Geschlechter gibt.[10][11] [12] Die Zweigeschlechtlichkeit ist schließlich die notwendige Bedingung für die Möglichkeit der physischen Existenz jeglicher Menschen unabhängig davon, welche Identitäten diese Menschen bevorzugen. Alle Menschen haben (bislang) eine biologische Mutter, das diskriminiert niemanden. Die Tatsache, dass es nur 2 Reproduktionssysteme gibt, reduziert auch niemanden auf ein bloßes Reproduktionssystem, denn Menschen haben bekanntlich viele zusätzliche Eigenschaften.

Transidentität

  • Nun konstatiert Hümmler, dass die Biologin Marie Vollbrecht damit "hausieren" gehe, dass es in der in der Biologe nur zwei Geschlechter gebe.[13] Als Grund für letzteres, legt Hümmler nahe, dass sich Vollbrecht aktiv gegen Rechte von Transpersonen einsetze. Die Rede von der biologischen Geschlechteranzahl im Zusammenhang mit Transrechten sei problematisch.
Diese Einlassung ist aber höchst verwirrend. Durch Transpersonen wird die Zahl der Geschlechter nämlich überhaupt nicht erhöht. Der aktivistische Slogan "Transfrauen sind Frauen. Punkt." führt sprachlich keinen weiteren Geschlechtsbegriff ein, denn es wird ja gefordert, dass Transfrauen nichts als Frauen sind. Analoges gilt für Transmänner.
Was der Transaktivismus tatsächlich fordert, ist etwas anderes, nämlich das vollständige Absehen von fortpflanzungsbiologischen Tatsachen bei den Begriffen Frau und Mann. Die Begriffe Frau und Mann sollen nur noch Sprechakte sein.
In ihrem Vortrag[14] plädiert Vollbrecht für eine Unterscheidung zwischen "sex" (fortpflanzungsbiologisch) und "gender" (sozial).[15] Rechte von Transpersonen werden nicht angesprochen, daher wird im Vortrag auch kein Zusammenhang zwischen Biologie und Rechtsnormen hergestellt. Das ist auch zu erwarten, denn aus der Biologie folgen keine Rechtsnormen. Dies entspräche schließlich dem naturalistischen Fehlschluss[16]. Aber auch das umgekehrte ist ein Fehlschluss.[17]
Es liegt nahe, dass Hümmler als Intention hinter der Feststellung einer biologischen Zweigeschlechtlichkeit einen Aktivismus "gegen Rechte von Transpersonen" sieht. Er ignoriert oder übersieht dabei aber, dass biologische Tatsachen nicht von Rechtsnormen abhängen, Rechtsnormen jedoch Konstrukte sind, die in weitem Rahmen gestaltbar sind.

Irrelevanz des Geschlechts in der Biologie?

Nun wurde Hümmler gefragt, wenn es doch eigentlich meist um Gender (Identität, soziale Rolle) gehe, warum sei es dann nicht egal, wie viele biologische Geschlechter es gebe? (Diese Frage zeigt die Haltung des Interviewers.)

  • Hümmler: Das sei so. ("Noch viel weiter.") Zusätzlich könne er sich nicht vorstellen, warum es eine relevante Diskussion für die Biologie sei, wieviele Geschlechter es gebe.
Zunächst geht es nicht immer um Identitäten oder soziale Rollen (gender). Für die geschlechtsadäquate Medizin, die sich um geschlechtsabhängige Unterschiede bei der Behandlung von Krankheiten kümmert, sind biologische Tatsachen wichtiger als soziale.
Zum anderen befasst sich die Biologie mit der Entstehung, Fortentwicklung und Reproduktion von Lebewesen. Fortpflanzung ist daher ein zentrales Thema der Biologie. Warum und wie im Laufe der Evolution wiederholt die zweigeschlechtliche Fortpflanzung entstand, ist nach wie vor Gegenstand der Forschung. Warum blieb es nicht bei der Isogamie? Geschlecht und die damit verbundenen Reproduktionsstrategien sind daher absolut relevant in der Biologie.
  • Gründe hierfür, so Hümmer weiter, seien:
  • Wenn jemand z.B. an zwitterartigen Landschnecken forsche, würde schließlich niemand einwenden, das dürfe man nicht tun, denn es gebe ja nur zwei Geschlechter.
Zwitter haben lediglich beide Geschlechter. Dadurch erhöht sich die Zahl der Geschlechter nicht. Des weiteren sollten Säugetiere nicht mit Landschnecken gleichgesetzt werden.
Es gibt kein Verbot nach weiteren Geschlechtern bei der Fortpflanzung komplexer Organismen zu suchen. Die Entdeckung eines dritten Geschlechts würde das Entdeckerteam berühmt machen. Fortpflanzung ist schließlich ein zentraler Gegenstand der Biolgie und gerade nicht "egal".
  • Und Personen, die Genforschung betrieben, bekämen schließlich nicht vorgehalten, sie müssten sich mit Intersexualität beschäftigen.
Die Aussage und Relevanz dieser Redepassage ist nicht rekonstruierbar. Wie soll sich dadurch die behauptete Irrelevanz der Fortpflanzung in der Biologie begründen lassen?
Durch Intersex erhöht sich die Zahl der Geschlechter nicht. Intersex ist selten, bei den meisten Intersexpersonen handelt es sich nur um phänotypische Variationen eines der beiden Geschlechter. Schlecht zuzuordnende Intersexualität ist extrem selten.
  • Es werde eigentlich immer nur dann interessant, wenn man versuche, aus der Biologie gesellschaftspolitische Forderungen abzuleiten.
Wegen des naturalistischen Fehlschlusses[18] kann die Naturwissenschaft Biologie keine gesellschaftspolitischen Forderungen entwickeln. Sie kann nur sagen, was biologisch möglich ist und was nicht. So ist gut bekannt, dass biologische Männer keine Kinder gebären können und alle Menschen eine biologische Mutter haben müssen, mit der sie auch genetisch verwandt sind, solange keine Leihmutterschaft vorliegt. Dies lässt sich auch per Gesetz nicht ändern. Umgekehrt entspricht es dem moralistischen Fehlschluss[19], vom Wünschenswerten einfach auf Tatsachen zu schließen. Biologische Tatsachen lassen sich auch nicht per Gesetz beseitigen.[20]

Fazit

Bei Hümmlers Redebeitrag fällt insgesamt auf, dass er sich nicht für die Evolutionsbiologie einzusetzen scheint, denn er hält ein zentrales Thema der Biologie - die Fortpflanzung - für nicht biologisch relevant. Damit nimmt er eine dediziert andere Position ein als die US-Schwesterorganisation Center for Inquiry, die sich nicht nur gegen Angriffe aus dem religiösen Fundamentalismus wendet, sondern die Naturwissenschaft Biologie auch gegen den neuen links-identitären Aktivismus in Schutz nimmt.[21]

Bei der GWUP besteht seit ihrer Gründung die Tradition, die Evolutionsbiologie gegen den Kreationismus zu verteidigen. Vermutlich gibt es noch Einigkeit, dies gegenüber dem christlichen Fundamentalismus zu praktizieren. Was diverse mulimische oder indigene Kreationismen angeht, ist diese Einigkeit höchst fraglich, um es vorsichtig auszudrücken. Was die fortpflanzungsbiologische Begriffsbildung angeht, gibt es offenbar keine Einigkeit mehr, wofür die Einlassungen Holm Hümmlers deutliche Belege liefern.

Das Nichtmehrverteidigen einer Naturwissenschaft bedarf in einer Organisation wie der GWUP, die sich programmgemäß für Wissenschaft einsetzt, aber einer schlüssigen Begründung, die Holm Hümmler jedoch nicht liefert.

Der Elefant im Raum ist der links-identitäre anti-universalistsiche Aktivismus[22][23], welcher im Mainstream in jüngster Zeit enorm an Einfluss gewonnen hat. Diese Bewegung glaubt u.a., dass das Streben nach sozialer Gerechtigkeit es notwendig erfordert, Begriffe wie Frau oder Mann von jeglichem fortpflanzungsbiologischen Gehalt zu reinigen. Damit fällt Homo sapiens entweder aus der Klasse der Mammalia oder die Begriffe Weibchen und Männchen müssten für alle Säugetiere entsprechend angepasst werden. Das ergibt biologisch aber keinen Sinn.

Die Naturgesetze sind nicht gerecht. Im Rahmen der Naturgesetze hat Homo sapiens aber viel Handlungsspielraum, um ein gedeihliches soziales Zusammenleben zu organisieren. Dafür braucht die Evolutionsbiologie nicht geleugnet zu werden. Pronomen oder Anreden sind beliebige Konstrukte, die Fortpflanzung ist es nicht.

Warum Hümmler sich dem links-identitären Aktivismus de facto anpasst, ist nicht bekannt. Er könnte dessen Programm unterstützen oder auch nur durch eine Vermeidungsstrategie unterhalb dessen Radar bleiben wollen, um dort auch anschlussfähig zu sein. Themen lassen sich aber nicht einfach wegzaubern.[24]

Wörtliches Transkript

Es folgt ein wörtliches Transkript von https://youtu.be/TObksJxaMI4?t=2778

Sebastian Bartoschek: Du hättest letztlich ein Problem damit anzuerkennen, dass es 2 Geschlechter gibt: das männliche und das weibliche und dass biologische Geschlechter per se nicht verhandelbar sind. Wie hältst du's mit der Naturwissenschaft?

Dr. Holm Gero Hümmler: Ja, wenn jemand sich hinstellt und sagt, Es gibt nur 2 Geschlechter, dann gibt's ja erst Mal 2 Fragen, die man da zurückstellen kann, nämlich erstens, was meinst du damit eigentlich genau? Und zweitens, warum meinst du das jetzt betonen zu müssen?

Sebastian Bartoschek: Weil ja, weil andere die zweite Frage, das hast du ja schon mal gesagt. Die Antwort auf zweite Frage ist eigentlich total trivial, auch wenn sie dir keiner bisher gegeben hat, weil es Leute gibt, die behaupten, es gebe mehr Geschlechter, und es gibt halt nur 2 und deswegen betone ich, dass es nur 2 gibt. So ist ja eine ganz einfache Sache, Wenn jemand sich hinstellt und sagt 1 plus 1 ist 3. Dann habe ich das Bedürfnis zu sagen: Nö 1 plus 1 ist 2 fertig.

Dr. Holm Gero Hümmler: Äh gut, die Diskussion fängt halt typischerweise an mit "es gibt nur 2 Geschlechter", dann verweist man darauf, dass das spätestens in dem Moment, wo du auf soziales Geschlecht eingehst, halt nicht mehr so einfach ist. Dann heißt es ja, ja, wir reden ja nur von Biologie, also in der Biologie, gibt es nur 2 Geschlechter. Wenn man dann darauf verweist, dass es durchaus Arten gibt, die sich die überhaupt keine Geschlechter haben oder die sich als Zwitter vermehren oder ähnliches, dann kommt als nächstes: Ja, es geht ja nur um die Biologie des Menschen. Und wenn man dann sagt, dass es eben auch bei Menschen so was wie Intersexualität gibt, dann ist man ganz schnell dabei, dass ja, es geht ja nur um die Fortpflanzungszellen. Es gibt nur 2 Arten von Fortpflanzungszellen. Das ist bekannt, wer bestreitet, dass Menschen nur zwei Arten von Fortpflanzungszellen gibt? Damit könnte man die Debatte eigentlich beenden. Und wenn man dann sagt, ja gut, es gibt nur zwei Arten von Fortpflanzungszellen, darauf können wir uns, beim Menschen, darauf können wir uns einigen, dann ist man sofort wieder, ja siehste, es gibt nur 2 Geschlechter. Und der Grund, warum so was, ich meine, wenn wir uns Leute wie Marie Vollbrecht zum Beispiel anschauen, warum sowas immer präsentiert wird, ist ja letztlich ....

Sebastian Bartoschek: Ganz kurz. Kannst du uns sagen, wer Marie Vollbrecht ist? Ich glaub, die kennt nicht jeder.

Dr. Holm Gero Hümmler: Marie Vollbrecht, ist eine relativ populäre Biologin, die eben mit Vorträgen darüber hausieren geht, dass es in der in der Biologe halt nur 2 Geschlechter gibt. Was, wie gesagt, wenn Du über über Fortpflanzungszellen sprichst, eine Trivialaussage ist, dann aber, die gleichzeitig halt, sehr aktiv, sich daraus eben auch gesellschaftspolitische teils ... nicht mal unbedingt Schlussfogerungen zieht, aber gleichzeitig gesellschaftspolitisch sehr aktiv ist gegen Rechte von Transmenschen. Und das, wenn man das eben in diesem Zusammenhang präsentiert, dann wird es halt problematisch.

Sebastian Bartoschek: Jetzt muss ich dazu eins sagen, was ich an der Debatte tatsächlich nie verstanden habe. Ich bin ja in meinem echten Job tätig als Gerichtssachverständiger und kümmere mich da um Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, mehr, eher junge Jugendliche, junge Erwachsene, eher selten. und hab dann natürlich auch Fälle von Transjugendlichen oder von irgendwelchen, die, die sich ganz anders verorten, und so. Und jahrzehntelang habe ich und haben andere Kollegen gelernt, entscheidend ist ja die Frage nach sozialem Geschlecht, also Gender, und uns ist dafür ja letztlich völlig scheißegal, wie viele biologische Geschlechter es gibt. Es könnte ein Geschlecht geben, es könnte 2.000 geben. Es könnte, es gibt, wie hast du gesagt, es gibt 2 Arten von ... ich kri... also das, was vorhin gesagt hat.[25] Aber warum ist in den letzten Jahren auch in der GWUP diese Debatte um die Anzahl der biologischen Geschlechter so groß geworden. Im Kontext der Diskussion über Transsexualität eigentlich, also in meiner Welt, hat das nie, ergibt das immer noch überhaupt keinen Sinn. Warum diskutieren aber beide Seiten so so so leidenschaftlich über diese Frage, die eigentlich in meiner Welt völlig schnurz, Piepe ist für die Frage der Betrachtung des sozialen Geschlechts.

Dr. Holm Gero Hümmler: Noch viel weiter. Also, ich meine, ich bin kein Biologe, ich forsche nicht in der Biologie. Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, warum das eine relevante Diskussion für die Biologie ist. Weil jemand, der an Fortpflanzung von Schnecken forscht, Landschnecken sind halt Zwitter, dem wird ja niemand kommen und sagen, es gibt nur 2 Geschlechter. Du darfst nicht über Schnecken forschen. Das ist doch Quatsch. Und niemand, der mit der Übertragung von Genen und wo welche Gene auf der Dna sitzt[26], beschäftigt, wird gesagt bekommen: Ja, aber Moment, du musst dich mit Intersexualität beschäftigen. So nee mir geht's ja nur um diese Gene hier, und die werden natürlich. Also, da ist eine männliche Eizelle[27] und eine weibliche Eizelle und irgendwie landen die Gene dann auf der ... Das ist ja nichts, was für die Biologie wirklich ein kontroverses Thema sein müsste. Es wird eigentlich immer nur dann interessant, wenn man versucht, aus der Biologie gesellschaftspolitische Forderungen abzuleiten, die eigentlich völlig nichts mit der Biologie zu tun haben müssten.

Verweise

Luana S. Maroja, Professor of Biology, Williams College.
Jerry Allen Coyne, professor emeritus at the University of Chicago in the Department of Ecology and Evolution, Wikipedia: englisch, deutsch.
  • W. Goymann, H. Brumm, P.M. Kappeler: "Biological sex is binary, even though there is a rainbow of sex roles", Wiley, 2022, doi.org
W. Goymann, H. Brumm: "Let’s Talk About Sex - Not Gender", BioEssays 40, Wiley, 2018, doi.org.
Wolfgang Goymann beim MPI for Biological Intelligence: mpg.de.
Prof. Dr. Wolfgang Goymann. LMU Biologie, lmu.de.
Colin Wright: "Sex Is Not a Spectrum", 2021, realityslaststand.com.
Colin Wright, Evolutionary Biologist, Manhattan Institute Fellow, substack.com.
  • Z.A. Elliott: "Binary: Debunking the Sex Spectrum Myth", Paradox Press, 2023, ISBN-13:‎ 979-8988707806.
  • Z.A. Elliott: "The Denial of Biological Sex", theparadoxinstitute.com.
  • Talk: über Geschlecht, Biologie, gwup etc. mit der Biologin Prof. Dr. Ilse Jacobsen auf Youtube. Darin werden auch die Einlassungen Holm Hümmlers zur Biologie betrachtet.

Fußnoten

  1. Siehe "Sex vs Gender", theparadoxinstitute.com, "Gender ... is often linked to sex, but it's not always used as a synonym for male and female. Rather than describing the purely biological components of male or female, gender is more about the set of behaviors, interests, and social roles associated with someone's sex."
  2. "However, there is no need to deny the biological concept of sex to endorse the rights of gender-diverse people, because biological sex and gender are two entirely separate issues. The gist of the problem seems to be that the definitions of sex and gender and their relationship are not generally appreciated, promoting the spread of flawed notions among readers of high-impact journals. Especially in biomedicine, many people are simply unaware of how evolutionary biologists define sex as biological sex. Another set of academics are fully aware of what biological sex is, but are blurring it on account of a political will to treat all people fairly. This stance seems to be motivated by a naturalistic fallacy (the mistake of a moral judgment based on natural properties), or an appeal-to-nature argument (proposing that something is good because it is natural), thereby overlooking that 'being natural' is irrelevant for ethics." aus W. Goymann et al.: "Biological sex is binary, even though there is a rainbow of sex roles", BioEssays, Volume 45, Issue 2, wiley.com.
  3. "Pro Realität - ein Manifest deutschsprachiger Wissenschaftler (Biowissenschaften, Medizin)", prorealitaet.wordpress.com, archiviert am 22.4.2024 bei archive.org mit über 200 Unterschriften.
  4. "Catgender" bei gender.fandom.com.
  5. ChatGPG auf die Frage "Ist 'Catgender' ein ernst gemeintes Konzept?" Antwort: "'Catgender' ist ein Begriff, der innerhalb der Online-Community der nicht-binären Geschlechtsidentitäten verwendet wird. Es bezieht sich auf Menschen, die sich mit Katzen oder katzenartigen Eigenschaften identifizieren oder sich auf eine Weise mit Katzen verbunden fühlen, die ihre Geschlechtsidentität beeinflusst. Obwohl einige Menschen diesen Begriff ernst nehmen und sich damit identifizieren, betrachten ihn andere als Ausdruck persönlicher Vorlieben oder Interessen, ähnlich wie andere Begriffe, die auf Tieren basieren, wie 'Wolfgender' oder 'Penguingender'. Es ist wichtig zu beachten, dass Geschlechtsidentität ein äußerst individuelles und komplexes Konzept ist, das von Person zu Person sehr unterschiedlich sein kann. Daher können die Begriffe, die Menschen verwenden, um ihre Identität auszudrücken, ebenso vielfältig sein."
  6. Holm Hümmler: "Wenn man dann darauf verweist, dass es durchaus Arten gibt, die [...] überhaupt keine Geschlechter haben"
  7. Siehe "Is Intersex a Third Sex?", theparadoxinstitute.com, "Biology of DSDs: Introduction", theparadoxinstitute.com, jeweils mit Verweisen auf Fachliteratur
  8. ihra.org.au
  9. theparadoxinstitute.com: "First, let's separate biological sex from variations of sex characteristics. Variation is commonplace within males and within females (for example, different sizes of sex organs and secondary sex characteristics are common within men and women), and yet this variation does not mean that someone with atypical sex characteristics is less of a male or a female; it simply means sex characteristics vary in their form, size, and morphology."
  10. W. Goymann et al.: "Biological sex is binary, even though there is a rainbow of sex roles", BioEssays, Volume 45, Issue 2, wiley.com.
  11. Colin Wright: "The Sex Binary: What It Is and Why It Matters", 2024, realityslaststand.com
  12. Colin Wright: "Sex Is Not a Spectrum", 2021, realityslaststand.com
  13. Marie-Luise Vollbrecht: "Zur Unterscheidung von Sex, Intersex und Gender", Youtube
  14. Marie-Luise Vollbrecht, Youtube
  15. In "Gender Identity in Kiwifruit" schreibt Nancy Eckardt: "Akagi et al. identify a gender determining gene in kiwifruit." (siehe Plantae, achive.org). Im Text von Akagi et al. in The Plant Cell, Vol. 30, 780–795, 2018 ist aber von "sex" statt "gender" die Rede, denn der Begriff "gender" ergibt bei Pflanzen keinen Sinn.
  16. Naturalistischer Fehlschluss, Wikipedia
  17. Moralistischer Fehlschluss, Wikipedia
  18. Naturalistischer Fehlschluss, Wikipedia
  19. Moralistischer Fehlschluss, Wikipedia
  20. Naturgesetze sind keine beliebigen Erfindungen, sondern entsprechen dem Versuch, die nicht änderbaren Muster im Verhalten der Materie zu rekonstruieren. Davon zu unterscheiden sind Gesetze im juristischen Sinn. Nur letztere können relativ frei ausgehandelt werden.
  21. Jerry A. Coyne and Luana S. Maroja: "The Ideological Subversion of Biology", Skeptical Inquirer, Volume 47, No. 4, July/August 2023, S.34-47, skepticalinquirer.org, archive.org.
  22. Yascha Mounk: "The Identity Trap: A Story of Ideas and Power in Our Time",‎ Allen Lane, 1. Edition (26. September 2023), 416 Seiten, ISBN-13 978-0241638293, deutsch: "Im Zeitalter der Identität - Der Aufstieg einer gefährlichen Idee", Klett-Cotta, 2024, 512 Seiten, ISBN: 978-3-608-12209-1.
  23. Esther Bockwyt: "Woke: Psychologie eines Kulturkampfs", Westend, 2024, 224 Seiten, ISBN-13: 978-3864894442.
  24. "Hümmler, der für seine fortschrittlichen Ansichten und seine Medienkompetenz bekannt ist, versteht es, sein Publikum in den sozialen Medien anzusprechen und weiß, welche Themen Kontroversen auslösen könnten. Diese Einsicht beeinflusst wahrscheinlich seine Vorliebe, sich von kontroversen Themen fernzuhalten, insbesondere von solchen, die die „Woke Clique“ auf den Plan rufen könnten. Hümmler ist jedoch kein Zauberer, er kann Themen nicht einfach verschwinden lassen, vor allem nicht unter den wachsamen Augen einiger der erfahrensten Skeptiker in Deutschland. Seine Entscheidungen, auch wenn sie aus Sicht der Öffentlichkeitsarbeit möglicherweise klug waren, wurden als plumpe Kontrolle von Botschaften oder schlimmstenfalls als bewusste Versuche, seine Gegner zu unterminieren, wahrgenommen. Folglich sind diese Bemühungen, den Diskurs zu lenken, unerwartet nach hinten losgegangen und haben zu einer noch nie dagewesenen Spaltung innerhalb der GWUP geführt." Deutsch aus richarddawkins.net, Original: skepticalinquirer.org
  25. Der Text ist hier akustisch schwer verständlich.
  26. Vermutlich wollte Holm Hümmler davon sprechen, an welchem Abschnitt eines DNA-Strangs ein bestimmtes Gen lokalisiert sei. Gene sind schließlich DNA-Abschnitte und sitzen nicht auf der DNA.
  27. "Männliche Eizelle" ist vermutlich nur ein Versprecher.